Schönes

"Ein Leben ohne Bücher ist wie eine Kindheit ohne Märchen, ist wie eine Jugend ohne Liebe,

ist wie ein Alter ohne Frieden." "Wenn es mir schlecht geht, gehe ich nicht in die Apotheke,

sondern zu meinem Buchhändler.

Wer zu lesen versteht, besitzt den Schlüssel zu großen Taten, zu unerträumten Möglichkeiten."

Die Lakota und der Tut-nicht-gut


Das Volk der Lakota in New Mexico hat einen jungen Tut-nicht-gut.
Er wurde gesehen, wie er Autos und Lastwagen auf dem Parkplatz beschädigte. Befragte man ihn darüber, wurde er ausfällig und abweisend gegenüber Erwachsenen.


Nun wird der ganze Clan an einem Abend zusammengerufen und ein großer Kreis geformt. Der Vater des jungen schreitet mit ihm in die Mitte des Kreises und schließt sich dann wieder den anderen Erwachsenen an.


Sodann beginnt der Vater als erster zu sprechen.
„Du bist unser Erstgeborener, unser Meistgeliebter. Deine Mutter und ich haben uns gefreut, als wir das erste Mal deine Bewegungen im Mutterleib spürten. Wir rannten von Haus zu Haus und erzählten den Leuten, dass du am Leben warst, gesund und stark warst. Und so bist du auch gewesen. Während der Geburt hast du einen so lauten Schrei ausgestoßen, dass man ihn trotz Radio dreihundert Meter weit gehört hat. Wir waren so stolz! Wie waren wir glücklich! Du hast uns immer glücklich gemacht. Deine ersten Schritte – oh, wie du in die Pfütze gefallen bist. Der Ausdruck auf deinem Gesicht! Wie haben wir gelacht…“


Und der Vater erzählt immer weiter die schönsten Erinnerungen aus dem Leben seines Sohnes. Kein Wort der Kritik wird geäußert. Die Aufgabe des Vaters besteht darin, den jungen Mann daran zu erinnern, was er seiner Familie, seinem Clan, seinem Volk bedeutet; ihn zu erinnern an all die Freude und das Glück, das er verbreitete; an die Freude, die seine große Familie an ihm hat.
Als der Vater fertig ist, fährt der Onkel weiter. Darauf folgen die beiden Großväter. Der Himmel wird dunkler, die Sterne sind klar zu sehen. Es wird lange nach Mitternacht sein, wenn alle ihre Geschichten erzählt haben werden. Nach den Männern sprechen die Frauen in freundlichen Worten und weichem Tonfall; die meiste Arbeit ist auf sie gefallen, von den ersten Wehen bis zum Sparen für seine Schulbücher.


Zum Schluss redet der Häuptling. Er fasst all das bisher gesagte zusammen. Er spricht langsam, mit langen Pausen, wie wenn er den besten Weg für die Erzählung noch suchen würde. Sein Thema, von dem er nie abweicht, ist das gleiche: der Stolz und die Freude, welcher dieser junge Mann dem Volk der Lakota gebracht hat; den Lebenden, den Verstorbenen und den noch nicht geborenen. Wie alle früheren Sprecher erwähnt er nie den Vandalismus und die böswilligen Zerstörungen, die Schande, den Ärger, die Sinnlosigkeit, die Gedankenlosigkeit. All das bleibt ungesagt und wird auch nicht angedeutet. Alle Aussagen drehen sich um das gleiche, nämlich darum, dass dieser junge Mann ein wunderbares Geschenk für alle Leute ist, eines von unschätzbarem Wert.
Nachdem der alte Mann seine Rede beendet hat, gibt er ein klares Zeichen. Der Kreis der Leute steht still, und alle schauen mit großer Aufmerksamkeit auf den jungen Mann in der Mitte des Kreises. Dann verschwinden sie wortlos in die Nacht.


Charles Eliott



Ich bin ein Felsen

Ich habe Leben und Tod gesehen.

Ich habe Glück erfahren, Sorge und Schmerz.

Ich lebe ein Felsenleben.

Ich bin ein Teil unserer Mutter, der Erde.

Ich habe ihr Herz an meinem schlagen gefühlt.

Ich habe ihren Schmerz gefühlt und ihre Freude.


Ich bin ein Teil unseres Vaters, des großen Geheimnisses.
Ich habe seinen Kummer gefühlt und seine Weisheit.
Ich habe seine Geschöpfe gesehen, meine Brüder, die Tiere,

die Vögel, die redenden Flüsse und Winde, die Bäume,

alles, was auf der Erde ist.

Und alles, was im Universum ist.


Ich bin mit den Sternen verwandt.

Ich kann sprechen, wenn du mir zuhörst und

ich werde zuhören, wenn du redest.
Ich kann dir helfen, wenn du Hilfe brauchst.

Aber verletze mich nicht, denn ich kann fühlen wie du.


Ich habe die Kraft zu heilen, doch du wirst sie erst suchen müssen.
Vielleicht denkst du, ich bin bloß ein Felsen,

der in der Stille daliegt auf feuchtem Grund.
Aber das bin ich nicht. Ich bin ein Teil des Lebens.

Ich lebe, ich helfe denen, die mich achten.


(Dancing Eagle Plume – aus dem Buch „Indianische Heilgeheimnisse“)



Die Einladung

von Oriah Mountain Dreamer


Es interessiert mich nicht, womit du dein Geld verdienst.
Ich will wissen, wonach du dich sehnst und ob du die Erfüllung deines Herzenswunsches zu träumen wagst.


Es interessiert mich nicht wie alt du bist.
Ich will wissen ob du es riskierst, dich zum Narren zu machen,
auf der Suche nach Liebe, nach deinem Traum, nach dem Abenteuer des Lebens.


Es interessiert mich nicht, welche Planeten ein Quadrat zu Deinem Mond bilden.
Ich will wissen, ob du deinem Leid auf den Grund gegangen bist und ob dich die Ungerechtigkeiten des Lebens

geöffnet haben oder ob du dich klein machst und verschließt um dich vor Verletzungen zu schützen.


Ich will wissen, ob du im Schmerz stehen kannst, meinem oder deinem eigenen, ohne etwas zu tun

um ihn zu verstecken, ihn zu verkleinern oder ihn in Ordnung zu bringen.

Ich will wissen, ob du mit Freude sein kannst, meiner oder deiner eigenen,
ob du mit Wildheit tanzen und dich von Ekstase füllen lassen kannst bis in die Spitzen deiner Finger und Zehen,

ohne uns zu ermahnen, vorsichtiger zu sein, realistischer zu sein, oder an die Beschränkungen des Menschseins zu denken.


Es interessiert mich nicht, ob das, was du erzählst, wahr ist.
Ich will wissen, ob du andere enttäuschen kannst, um dir selber treu zu bleiben.

Ob du den Vorwurf des Verrates ertragen kannst, um deine eigene Seele nicht zu verraten, ob du treulos sein kannst,

um vertrauenswürdig zu bleiben.


Ich will wissen, ob du die Schönheit des Alltäglichen erkennen kannst,
selbst wenn sie dir nicht immer angenehm ist und ob ihre Allgegenwärtigkeit die Quelle ist, aus der du die Kraft zum Leben schöpfst.

Ich will wissen, ob du mit Unzulänglichkeiten leben kannst – meiner und deiner eigenen – und immer noch am Seeufer stehst und der silbrigen Scheibe des Vollmondes ein uneingeschränktes „ja“ zurufst.


Es interessiert mich nicht, wo du wohnst, oder ob du reich bist.
Ich will wissen, ob du nach einer kummervoll durchwachten Nacht, zermürbt und müde bis auf die Knochen,

aufstehen kannst, um das Notwendige zu tun, damit deine Kinder versorgt sind.


Es interessiert mich nicht, wen du kennst, oder wie du hierher gekommen bist.
Ich will wissen, ob du inmitten des Feuers bei mir ausharren wirst, ohne zurück zu weichen.

Es interessiert mich nicht, wo oder was du mit wem studiert hast.
Ich will wissen, was dich von innen heraus trägt, wenn alles andere wegbricht.


Ich will wissen, ob du mit dir selbst alleine sein kannst und ob du den, der dir in solch einsamen Momenten

deines Lebens Gesellschaft leistet, wirklich magst.

(Oriah Mountain Dreamer)

Share by: